Freitag, 9. Mai 2014

Germanys Next Topmodel


Über Germanys Next Topmodel wird sehr viel dummes Zeug geschrieben. Gestern war das Finale, ein hübsches Mädchen namens Stefanie hat gewonnen. Da wird auf der Berliner Morgenpost behauptet, man könne den Namen gleich wieder vergessen. Die verschwinde sowieso wieder von der Bildfläche und die Zweit- und Drittplatzierte hätte man bis zum Ende kaum auseinanderhalten können.

Sapperlot, da leidet aber jemand unter einem schlechten Gedächtnis für Namen. Und ein genauer journalistischer Blick ist auch etwas anderes. Da braucht man keine ganze Staffel, da reicht ein Hingucken – und ja, man kann die Beiden auseinanderhalten. Ich kopiere mal zwei Bilder hier ein. (Oh weh, das sollte rechtlich ein Bildzitat sein, um eine Aussage zu belegen, außerdem zeitnahes Ereignis und was weiß ich was noch, was man halt so in drei Minuten an rechtlichen Aussagen zu Bildrechten zusammenbekommt.)

Jolina, Quelle: Pro7
 Ivana, Quelle: Pro7

Aber was unterstellt Frau Hildebrandt denn damit, dass man den Namen dieser Stefanie gleich wieder vergessen könne. Ja, trivialerweise hat sie Recht: Ich kann den vergessen. Ich kenne aber überhaupt kaum zehn Namen von irgendwelchen Models – und bei einigen bin ich mir wahrlich nicht sicher, ob die noch auf einem Laufsteg zu finden sind. (Twiggy, modelst Du eigentlich noch oder habe ich Dich nur mal auf einem alten Foto gesehen?) Ich habe de facto fast alle Namen von Models, ob erfolgreich oder nicht, wieder vergessen. Wenn der Satz aber heißen soll, dass man den Namen wieder vergessen kann, weil aus der eh nichts wird, dann ist das wiederum dummes Zeug. Woher weiß Frau Hildebrandt das? Google ist schon toll: Man kann da herausbekommen, dass gar nicht wenige der ehemaligen Kandidatinnen von Germanys Next Topmodel tatsächlich modeln. Hätten Sie es gewusst, Frau Hildebrandt?

Der Sendung kann man vieles vorwerfen, aber die Erfolge sind gar nicht schlecht. Andere Casting-Shows schneiden schlechter ab. Natürlich auf die Menge der Bewerberinnen gerechnet, ist der Erfolg am Ende als Model sein Leben bestreiten zu können, höchst unwahrscheinlich. Das ist aber, sagen wir mal, in den Geisteswissenschaften nicht anders. Wie viele Bewerbungen auf eine kleine Stelle im wissenschaftlichen Mittelbau einer geschichtswissenschaftlichen Fakultät! Da wird schamlos mit den Träumen junger Wissenschaftler gespielt, die tatsächlich glauben, am Ende wären Sie der nächste Top-Professor. Wenn Sie irgendwo eine Dissertation herumliegen sehen, vergessen Sie den Namen des Verfassers!

Die Proteste, die die Finalsendung begleiteten, stellten etwas zu langweilig vielleicht das verkorkste Schönheitsideal in den Mittelpunkt, das die Show in die Köpfe aller Mädchen hämmere. Und zugleich diese wahnwitzige Botschaft, jede könne das schaffen, wenn sie hart an sich arbeite – nun ja, da sollten sich die Kritiker mal einigen, ob die Sendung transportiere, jede könne es schaffen oder überhaupt keine. Das ist jedoch gar nicht mein Thema. Es geht mir um die Träume. Man darf das niemanden übelnehmen, der Traum Model zu werden, erscheint greifbar. Warum nicht das träumen? Oder von einer Professur? Und für manche wird der Traum ja wahr. Und diesen Traum würde ich unbedingt verteidigen, da ist sie wieder die Phantasie Kierkegaards, die das Unwahrscheinliche fordert!

Aber das System nutzt nun all die aus, die auf der Strecke scheitern. Dass mit den Träumen gespielt wird, ließe sich ebenfalls etwas zu langweilig sagen. Was heißt das? Die Träume werden eine Zeit lang – eine halbe Staffel oder zwei Semester – extrem befeuert, am Leben gehalten und dann zum Platzen gebracht. Und vom zerplatzten Traum lebt Pro7, nicht von der Gewinnerin, Stefanie war ihr Name übrigens.

Frau Hildebrandt findet schließlich noch einen anderen Aufreger: Es geht doch nur um Marketing und PR bei diesem ganzen Sendeformat. Modeln und Marketing, also bitte, was soll das denn jetzt? Da zitiere ich Wolfgang Joop: „Du läufst, als hättest du ein Holzbein, das du aber nicht dabei hast.“

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