Ich schreibe ja seit längerem auch bei der Blogumschau. Dort hat mein Freund und Kollege, Jochen Walter, kürzlich einen Artikel über das schottische Referendum veröffentlicht. (Ja, ja, das ist die Aufforderung, mal wieder auf die Blogumschau zu klicken.) Alle möglichen Völker und Völkchen, so konnte ich da lesen, haben derzeit Abspaltungsgedanken.
Katalonien, klar. Im katalonischen Hinterland passierte es
mir im Urlaub, dass die Betreiber einer Pension sich nur sehr widerwillig überhaupt
darauf einließen, spanisch mit mir zu reden. Das ist Fremdsprache dort. Sie
ließen sich dann endlich darauf ein. Spanisch verstehe ich zwar genauso wenig wie katalonisch,
aber ich hatte immerhin das Gefühl, etwas erreicht zu haben. Und die Flandern,
klar, die auch. Wer will schon zu Belgien gehören. Und die Bayern trennen sich
von Deutschland, während sich Franken von Bayern abspaltet, allerdings
Oberfranken einen eigenen Staat gründet, der dann Wagneriana genannt wird und
von Bayreuth aus regiert wird. Nur mein Hirngespinst? In Mittelfranken gibt es
sogar ein Städtchen, das Wolframs-Eschenbach heißt. It’s the Franken, stupid!
Regionalismus
ist angesagt. Natürlich, wir haben, aufmerksam und verantwortungsbewusst wie
wir sind, oft genug gelesen: Die Rettung der Welt wird, wenn überhaupt, nur durch
den Einkauf regionaler Produkte möglich sein. Biorindfleisch aus Ungarn? Nein
danke, Rindviecher nur aus der Nachbarschaft. Denn Regio sticht Bio.
Voll auf
diesem Regionalzug sitzt Stefan Raab mit seinem Bundesvision Song Contest, den
ich am Samstag ein wenig – nicht von Anfang an und nicht bis zum Ende –
verfolgt habe. Da treten Interpreten aus den Bundesländern gegeneinander an,
ganz nach dem Vorbild des großen Eurovision Song Contest. Nur auf
Länderebene. Denn wir wissen, die Rettung der guten Musik wird nur durch das
Hören regionaler Musik möglich sein.
Besonders fiel
mir auf, wie sehr die Rose wieder als zentrales Symbol für die Liebe popfähig
ist. Immerhin 20.000 Rosen bei Sierra Kid. Weil 20.000 Rosen sind 20.000 Rosen
sind 20.000 Rosen. Das nennt man Evidenz. Teesy sang von „Keine Rosen“,
denn das Liebeslied kommt heutzutage ohne die immerhin pfiffig verneinte Rose keinesfalls
aus.
Wie alt man
sich da plötzlich fühlt, wenn man sagen möchte: Was singt ihr von Rosen? Habt
ihr echt gar nichts, das irgendwie, äh, cooler wäre? Einem jüngeren Menschen, dieser Sierra
Kid ist gerade 17 Jahre alt, empfehlen, er könnte vielleicht etwas cooler oder
rebellischer sein, bitteschön. Das ist alt, sehr alt. Ich verwerfe diesen
Gedanken augenblicklich. Rosen also, na gut, meinetwegen. Die Grenze zwischen
Pop und Kitsch ist nicht gut überwacht. Da gilt ein Schengener Abkommen.
Es bleiben für
mich Verdachtsmomente: Ich muss meinen Begriff der Spießigkeit überdenken.
Sierra Kid und Teesy spießiger als Maxim, der die 30 immerhin schon
überschritten hat? Und sehr viel spießiger als die Inglebirds mit ihrem Rap,
der nach den frühen Neunzigern klingt? Kann das sein?
Gewonnen hat
übrigens die Band Revolverheld, die zwar keine Rose in petto hatte, aber im
Lied die Stadt verlässt, Berlin, Hamburg oder Köln, weil es da so voll und echt
ziemlich regnerisch ist, und ganz in der Provinz ankommt. Denn Regio sticht
Rose.
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